Lonis Orchideenforum

Chiloschista shanica

#1 von Phil , 24.09.2023 13:53

Hallo Leute,
ich wurde gebeten die Art auch in einem Fachbeitrag vorzustellen und bevor ich es ganz vergesse hier der Thread.

Chiloschista shanica wurde vor wenigen Jahren als in vitro Falschware aus Thailand importiert und als Chiloschista spec. 'Myanmar Pink' vertrieben. Sie wird auch als Ch. viridiflava 'Sakura' verkauft und zu diesem Namen findet man auch viele Bilder bei Insta und Facebook. Wie der Name schon sagt stammt die Art aus Myanmar und mir wurde auch von der Quelle der Flaschen bestätigt, dass die Samen von dort waren.

Ich habe die Art zum ersten mal im Mai letzten Jahres bei einem Besuch in Schwerte selbst gesehen. Ich habe damals Fotos gemacht und Stig Dalström gefragt was es denn sein könnte. Stig war der Meinung, dass es wohl Ch., sweelimii sei, diese kommt aber viel weiter südlich auf der Malyaischen Halbinsel und Sumatra vor.

Ich selbst habe später ein paar Pflanzen in Kultur genommen und mich auf die Suche nach Literatur zu der Art gemacht. Zu den Orchideen aus Myanmar gibt es nur ein handvoll Bücher und nicht allzuviele Fachartikel.
Die Art wurde aber schon mal von Nyan Tun in seinem Buch "Wild orchids of Myanmar" aus 2014 gezeigt. Tun zeigt die Art in seinem Buch als Chiloschista spec. und erwähnt auch, dass sie im Taunggyi-District im südlichen Shan-Staat vorkommt. Etwas später habe ich ein weiteres Foto der Art in "A Guide to Orchids of Myanmar" von Kurzweil und Lwin (ebenfalls aus 2014) gefunden. Der Fotograf war ein Schweizer der leider vor kurzem verstorben ist, ansonsten hätten wir ihn gerne nach weiteren Informationen kontaktiert.

Als meine Pflanze in Blüte war, habe ich dann die Blüten seziert und Herbarbelege gemacht. Ich bat meinen Freund Pankaj Kumar um Hilfe bei der Erstellung des Manuskripts und Champika Bandara aus Sri Lanka hat für uns die Zeichnungen gemacht.
Ich habe ihr, wie ich finde, den passenden Namen Chiloschista shanica gegeben. Kann man zumindest auch aussprechen und sich gut merken.

Hier Bilder des Holotypus:
Chiloschista shanica by Phil, auf Flickr

Chiloschista shanica by Phil, auf Flickr

Die Erstbeschriebung wurde in Phytotaxa publiziert, hier der Link:
https://phytotaxa.mapress.com/pt/article...ytotaxa.612.1.4

Im Artikel grenzen wir die Art von der sehr ähnlichen Chiloschista rodriguezii aus Nord-West Thailand und Ch. lunifera ab.

Die folgenden Seiten sollten eigentlich nicht öffentlich sein, aber ich habe nichts dagegen...

Hier die Diagnose und Beschreibung:
https://zenodo.org/record/8309222

Hier alle Abbildungen aus dem Artikel:
https://zenodo.org/record/8308769
https://zenodo.org/record/8308773
https://zenodo.org/record/8308775 (Zeichnung von Ch. shanica)
https://zenodo.org/record/8308779 (Ch. rodriguezii)
https://zenodo.org/record/8308781 (Typuszeichnung von Ch. lunifera)
https://zenodo.org/record/8308786 (Ch. lunifera s.s.)


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RE: Chiloschista shanica

#2 von Phil , 24.09.2023 13:55

Vielleicht noch eine Ergänzung.

Viele Chiloschista-Arten sind Lokalendemiten, das heißt, dass sie in nur einem sehr begrenzten Gebiet vorkommen. Dies ist wahrscheinlich auch bei Chiloschista shanica der Fall.
Ich habe bei Facebook in diesem Jahr mehrere hundert wild gesammelte Pflanzen gesehen. Es ist sehr gut möglich, dass die Art in der Natur bereits ausgerottet wurde.


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RE: Chiloschista shanica

#3 von Alexander , 24.09.2023 14:50

Kaum ist eine Art beschrieben, wird sie bereits von sog. "Orchideenliebhabern" ausgerottet.
Ich frage mich, ob es nicht überhaupt besser wäre, neue Arten nicht mehr öffentlich zu beschreiben.
Das ist jetzt natürlich nicht persönlich gemeint, sondern generell
Liebe Grüße Alexander


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RE: Chiloschista shanica

#4 von Phil , 24.09.2023 15:04

Die Menschen plündern die Wälder um zu überleben und es gibt eben einen Markt für Wildsammlungen.
Dies tun sie völlig unabhängig davon ob die Art beschrieben ist oder nicht.

Es gibt sehr gute Gründe dafür die Arten zu beschreiben obwohl dies für sie eine Gefährdung darstellen könnte.

Die westliche, reiche Welt müsste die Tugend der Mäßigung wiederfinden und den Ländern mit hoher Biodiversität Geld bezahlen damit sie die Natur erhalten.


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RE: Chiloschista shanica

#5 von Solanum , 24.09.2023 15:21

Danke für den sehr informativen Beitrag, Phil! Wenn die Pflanzen, die jetzt bei uns im Umlauf sind, aus einer Nachzucht stammen, haben wir zumindest nicht zum Raubbau beigetragen, das tröstet mich schon.

Das hier ist meine Chiloschista shanica, ich hab eine mit viel Grün ausgewählt, weil ich den Kontrast toll finde, und sie hat auch am stärksten von allen geduftet



Die meisten anderen haben viel mehr Pink, hier ist ein Vergleich vor Ort in Schwerte.



Meine Pflanze hängt auf mittlerer Höhe in der Vitrine, recht warm wegen der Temperaturen und der Wärme, die die Lampen abstrahlen. Zur Zeit hat sie 2 gar nicht so winzige Blättchen, das ist deutlich mehr, als ich bei anderen Chiloschista gesehen habe.


Schöne Grüße,
Heike


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RE: Chiloschista shanica

#6 von Phil , 24.09.2023 15:22

Meine machen leider keine Blätter, daher haben wir es in der Beschreibung weggelassen oder in Frage gestellt.
Ich habe mehrere Arten die zeitweise Blätter haben.


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RE: Chiloschista shanica

#7 von Alexander , 24.09.2023 18:50

Zitat von Phil im Beitrag #4
Die Menschen plündern die Wälder um zu überleben und es gibt eben einen Markt für Wildsammlungen.
Dies tun sie völlig unabhängig davon ob die Art beschrieben ist oder nicht.

Es gibt sehr gute Gründe dafür die Arten zu beschreiben obwohl dies für sie eine Gefährdung darstellen könnte.

Die westliche, reiche Welt müsste die Tugend der Mäßigung wiederfinden und den Ländern mit hoher Biodiversität Geld bezahlen damit sie die Natur erhalten.


Naja, die Beschreibung der neuen Arten generiert natürlich Nachfrage danach. Wenn die Pflanzen keiner kennt, werden sie auch nicht nachgefragt.
Für manche schöne neue Pflanzen werden Preise gezahlt, die ein Vielfaches des Monatseinkommen ganzer Familien in den betroffenen Ländern entsprechen. Und man kann den Menschen dort nicht verübeln, wenn sie auf dem gleichen Niveau leben wollen, wie es in den weiteren Ländern üblich ist. Der Ball liegt also woanders.
Natürlich funktioniert Wissenschaft nur dann richtig wenn die Ergebnisse publiziert werden, ist schon klar. Aber das ist kein isolierter Kosmos.
An die Vernunft der Menschen zu appellieren - da habe ich keine große Hoffnung.
Nix für ungut - ich wollte eigentlich keine Diskussion lostreten.
Liebe Grüße Alexander


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RE: Chiloschista shanica

#8 von Phil , 24.09.2023 19:56

Zitat von Alexander im Beitrag #7
Zitat von Phil im Beitrag #4
Die Menschen plündern die Wälder um zu überleben und es gibt eben einen Markt für Wildsammlungen.
Dies tun sie völlig unabhängig davon ob die Art beschrieben ist oder nicht.

Es gibt sehr gute Gründe dafür die Arten zu beschreiben obwohl dies für sie eine Gefährdung darstellen könnte.

Die westliche, reiche Welt müsste die Tugend der Mäßigung wiederfinden und den Ländern mit hoher Biodiversität Geld bezahlen damit sie die Natur erhalten.


Naja, die Beschreibung der neuen Arten generiert natürlich Nachfrage danach. Wenn die Pflanzen keiner kennt, werden sie auch nicht nachgefragt.



Das ist leider falsch, in Thailand wird alles aus Myanmar aufgekauft und weiterverscherbelt was nur geht (und lange genung überlebt). Das selbe gilt für Laos, Cambodia, Vietnam und wohl auch schon Nord-Ost Indien.

Die Art war schon als Wildsammlung im Verkauf, da hatte sie noch nicht mal einen Namen. Es ist eine Chiloschista und das reicht doch um sie zu verkaufen. Smartphones um Bilder für facebook zu machen hat auch dort so gut wie jeder. Es gibt auch eine Nachfrage innerhalb von Thailand nach billigen, wild gesammelten Pflanzen. Da muss man schon auch über den westlichen Tellerrand hinausblicken. Natrülich finden dann auch einige dieser Pflanzen den Weg zu uns. Ich habe aber den Eindruck, dass dies in den letzten Jahren abgenommen hat. Kaum ein Händler wil hier noch halb-tote Pflanzen jahrelang päppeln um sie verkaufen zu können.

Einen interessanten Artikel zum Handel mit wilden Orchideen in Thailand findet man hier:
https://www.cifor.org/knowledge/publication/5946/


Phil
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