Lonis Orchideenforum

Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#1 von Solanum , 17.08.2013 22:25

Wie wohl viele mitbekommen haben, wird zur Zeit die Familie der Orchidaceae taxonomisch überarbeitet, und zwar werden die Verwandschaftsverhältnisse anhand der Ähnlichkeit auf DNA-Ebene untersucht. Mit diesen Daten werden phylogenetische Bäume erstellt. Deren Qualität ist natürlich nur so gut wie die Daten, die in die Analyse eingeflossen sind, und deshalb sind die vorgeschlagenen taxonomischen Änderungen bei weitem nicht so endgültig und über jeden Zweifel erhaben, wie es gemeinhin dargestellt wird. Wissenschaftliche Ergebnisse sind nie endgültig. Abgesehen davon werden die Ergebnisse von Wissenschaftlern interpretiert und es werden Entscheidungen getroffen, zB die, ob alle Arten an einem großen Ast des Baumes zu einer großen Gattung gehören sollen (das bevorzugen die "lumper" ), oder ob jeder Zweig eine eigene Gattung sein soll (die Präferenz der "splitter" ).
Die Änderungen die Orchideen betreffend sind recht kontrovers und man kann diskutieren, wie sinnvoll sie sind. Ich zB finde, daß großen morphologischen Unterschieden zu wenig Rechnung getragen wurde und zu viel lumping betrieben wurde.

Aber hier will ich erstmal von neueren Änderungen berichten, diskutieren können wir dann immer noch. Nach den Änderungen im Bereich der Cattleyen sind jetzt die Oncidiinae und die Aeridinae drangewesen. Ich fasse eine Artikelreihe von Dr. Norbert Dank in "Die Orchidee" (6/2012, 1/2013, 2/2013, 4/2013) über die Oncidiinae zusammen und gebe einen kurzen Bericht über die Aeridinae aus "Die Orchidee" (4/2013) wieder.

Das International Orchid Register der RHS hat die Änderungen schon übernommen! Wenn man eine Hybride sucht, sollte man deshalb nur den Grex-Namen eingeben, denn viele Hybriden-Gattungsnamen wie Odontioda oder Odontocidium existieren nicht mehr. Die ehemalige Burrageara Nelly Isler ist jetzt eine Oncidopsis, ebenso wie die ehemalige Vuylstekeara Cambria.

Subtribus Oncidiinae:

Miltonia bleibt erhalten und bekommt ein neues Mitglied.

Gomesa bleibt erhalten und fast alle aus Brasilien stammenden Oncidien werden zu Gomesa umgruppiert. Dazu gehören auch Arten, die ziemlich nach Oncidien aussehen, wie Oncidium varicosum und Oncidium flexuosum (jetzt Gomesa varicosa bzw. G. flexuosa). Das ehemalige Oncidium crispum wird zu Gomesa imperatoris-maximiliani, weil der Name Gomesa crispa schon vergeben war. Außerdem kommen noch einzelne Arten aus anderen Gattungen dazu, zB wird aus Baptistonia echinata Gomesa echinata.

Oncidium: Aus der Gattung Oncidium scheiden die sogenannten Rattenschwanz- und Maultierohr-Arten aus, die von früheren Autoren auch mal als Cohniella bzw. Lophiaris ausgegliedert wurden, zB Oncidium cebolleta und O. pumilum. Diese werden jetzt zur Gattung Trichocentrum umgruppiert. In Oncidium werden etliche Gattungen eingegliedert, die damit nur mehr als Synonyme existieren, nämlich Cochlioda, Sigmatostalix, Mexicoa, Miltonioides. Die Eingruppierung von Oncidium fuscatum (ehemals Miltonia / Chamaeleorchis warszewiczii) wird bestätigt. Es kommen auch ehemalige Odontoglossum-Arten dazu (s.u.).

Odontoglossum ist aufgelöst worden! Die Gattungen, die zuvor schon ausgegliedert wurden, nämlich zB Rhynchostele, Rossioglossum, Cyrtochilum, Symphyglossum, wurden bestätigt. Die übrigen Arten werden zu Oncidium gestellt. Damit heißt zB das berühmte Odontoglossum crispum neuerdings Oncidium alexandrae (crispum war schon vergeben).

Rossioglossum bekommt neue Mitglieder, nämlich die ehemaligen Arten aus Ticoglossum und Oncidium ampliatum.

Cuitlauzina bekommt ebenfalls neue Mitglieder, nämlich die Gattungen Osmoglossum, Palumbina und Dignathe, die damit aufgelöst werden.

Rhynchostele wird bestätigt und die Gattung Mesoglossum wird ihr einverleibt.

Brassia werden die Gattungen Ada und Brachtia einverleibt, die damit aufgelöst werden.

Erycina wird um die die Mitglieder der Gattung Psygmorchis vergrößert.

Psychopsis erhält ein neues Mitglied, das ehemalige Oncidium limminghei.

Die Gattungen der Zweig-Epiphyten sind offenbar alle nahe miteinander verwandt, bleiben aber erhalten, nämlich Comparettia, Rodriguezia, Ionopsis, Macradenia, Macroclinium, Leochilus etc. Außerdem werden etliche weitere Gattungen so bestätigt, wie sie sind, nämlich Aspasia, Cischweinfia, Lockhartia, Trichopilia, Miltoniopsis, Caucaea.
Zelenkoa onusta (früher Oncidium onustum) wird bestätigt.

Es wurden auch neue Gattungen geschaffen, deren Mitglieder früher Oncidium zugerechnet wurden: Vitekorchis, Nohawillamsia und Grandiphyllum. Erstere umfaßt 6 Vertreter, zB das ehemalige Oncidium excavatum, die anderen beiden Gattungen haben nur je ein Mitglied.

Außerdem haben die DNA-Analysen gezeigt, daß die ehemals eigenständigen Subtriben Ornithocephalinae und Telopogoninae zu den Oncidiinae gehören.


Schöne Grüße,
Heike


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#2 von Solanum , 17.08.2013 22:49

Subtribus Aeridinae:

Phalaenopsis wird um folgende Gattungen erweitert, die damit aufgelöst werden: Lesliea, Doritis, Kingidium. Angeblich werden außerdem Sedirea, Nothodoritis und Ornithochilus zu Phalaenopsis gestellt, dies ist aber weder bei Kew noch bei der RHS durchgeführt worden.

Vanda wird um folgende Gattungen erweitert, die damit aufgelöst werden: Ascocentrum, Ascocentropsis, Christensonia, Neofinetia, Eparmatostigma, Euanthe, Trudelia (die letzteren beiden gehören meines Wissens schon länger zu Vanda). Außerdem wird Aerides flabellata zu Vanda gestellt.

Papilionanthe wird bestätigt.

Renanthera wird um Renantherella erweitert, außerdem angeblich um Ascoglossum und Porphyrodesme, dies ist aber bei Kew bisher nicht geschehen.

Gastrochilus schließt Haraella mit ein.

Die genannten Änderungen sind, soweit ich das erkennen kann, auch von der RHS übernommen worden, was besonders für die Namensgebung der Vanda-Hybriden weitreichende Konsequenzen hat. ZB wird aus Vascostylis Thai Sky eine Vandachostylis, Neofinetia-Hybridennamen wie Darwinara, Vandofinetia etc existieren nicht mehr, Ascofinetia sowieso nicht (die wird einfach Vanda).

Weitere Änderungen, die bisher aber von Kew nicht übernommen worden sind und bei denen ich mir deshalb nicht sicher bin, ob sie eintreten werden, sind:

Arachnis wird um Armodorum und Esmeralda erweitert.
Robiquetia wird um Malleola, Abdominea und einige wenig bekannte Gattungen erweitert.
Trichoglottis wird um Staurochilus, Ceratochilus und Ventricularia erweitert.
Holcoglossum wird um Ascolabium und Penkimia erweitert.


Schöne Grüße,
Heike


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#3 von Justyna , 17.08.2013 23:12

Oh mann, alles dreht sich, ich glaub, mir wird schlecht . Wie soll man denn da als Anfänger hinterherkommen .

Darf man fragen, dann ist Doritaenopsis ja auch längst Geschichte? Kann man sich dann auch schenken und alle als Phalaenopsis bezeichnen?

Sind jetzt alle Vuylstekeara / Balleara / Colamanra einfach Oncidopsis??? Die konnte man schon vorher nicht auseinander halten


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#4 von Mattin , 17.08.2013 23:26

Da muss ich mich Justyna anschließen. Wie soll man sich als Laie oder angehender Orchideen-Profi sich das alles merken? Wie oft kommen denn solche offiziellen Änderungen der Arten vor?
VG
Martin


Viele Grüße
Martin


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#5 von Michaela , 17.08.2013 23:39

Zitat von Justyna im Beitrag #3
... Darf man fragen, dann ist Doritaenopsis ja auch längst Geschichte? Kann man sich dann auch schenken und alle als Phalaenopsis bezeichnen? ...
Ja, zum Beispiel Phalaenopsis Purple Martin.


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#6 von Felix , 17.08.2013 23:47

So unpraktisch finde ich das gar nicht. Jedenfalls, so lange nicht in ein paar Jahren alles revidiert wird...


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#7 von Solanum , 18.08.2013 00:08

Man muß solche Änderungen nicht auswendig lernen, und es ist ja eh noch nicht so sicher, wie gut sie bei den Kultivateuren (zb uns) und den Gärtnern akzeptiert werden. Ich finde es zB haarsträubend, daß Neofinetia oder Ascocentrum jetzt Vanda heißen sollen, und kann mir nicht vorstellen, daß Händler das übernehmen. Manche haben ja erst vor kurzem oder immer noch nicht die Trennung von bellina und violacea vollzogen. Je breiter akzeptiert die neuen Namen werden, desto mehr gewöhnt man sich dran und lernt sie, wie das mit den ehemaligen lueddemanniana-Varietäten (pulchra, hiero...) passiert ist.

Wir werden hier im Forum aber keine Threads massenhaft umbenennen Wir sind da pragmatisch und wählen die Namen, unter denen sich die meisten Leute was vorstellen können, oder nennen den gültigen und den bekannteren Namen.

Und ja, solche Namensänderungen passieren recht oft. Es kann ja jeder Taxonom eine andere Meinung haben als seine Vorgänger, zB weil er andere Kriterien heranzieht. Was ich wirklich undurchsichtig finde, ist die Frage, welche Namen gültig sind, denn dahinter steht ja die Frage, wer oder welche Instanz die Autorität hat, darüber zu entscheiden. Kew fungiert als solche Instanz, aber wieso deren Wissenschaftler mehr Autorität haben sollten als andere Botaniker, erschließt sich mir nicht, und ob alle Botaniker diese Autorität anerkennen, weiß ich nicht.


Schöne Grüße,
Heike


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#8 von Markus , 18.08.2013 00:12

Wonach wird hier überhaupt unterschieden bzw. eingegrenzt? Sind das äußerliche Eindrücke anhand des Habitus oder der Blüte? Oder werden hier gentechnische Untersuchungen durchgeführt? Nur bei letzteren könnte ich mir vergleichbare und nachhaltige Ergebnisse vorstellen.


MfG Markus


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#9 von Solanum , 18.08.2013 00:35

Diese Änderungen basieren auf genetischen Studien, sie sind aber trotzdem nicht alternativlos, guck mal ganz oben.


Schöne Grüße,
Heike


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#10 von Markus , 18.08.2013 00:38

Ok, dann werden alte Einteilungen jetzt also wahrscheinlich aufgrund neuer technischer Möglichkeiten widerlegt.


MfG Markus


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#11 von Solanum , 18.08.2013 00:40

Zitat von Justyna im Beitrag #3

Sind jetzt alle Vuylstekeara / Balleara / Colamanra einfach Oncidopsis??? Die konnte man schon vorher nicht auseinander halten


Ich glaube, das muß man einzeln nachsehen, die Wildcat ist zB jetzt eine Oncostele.


Schöne Grüße,
Heike


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#12 von Justyna , 18.08.2013 00:45

Zitat von Solanum im Beitrag #11
Zitat von Justyna im Beitrag #3

Sind jetzt alle Vuylstekeara / Balleara / Colamanra einfach Oncidopsis??? Die konnte man schon vorher nicht auseinander halten


Ich glaube, das muß man einzeln nachsehen, die Wildcat ist zB jetzt eine Oncostele.


Hmmmm, na supi, die Massen-Händler machen es sich einfach, einfach falsch, weil bei denen sehr viele Hybriden aus dieser Ecke 'Cambria' genannt werden, warum auch immer, gibt es doch nur eine Orchidee, ehemals Vuylstekeara Cambria, die so heißt. Ich nenne meine Hybride einfach Bello, oder Rex, oder Fluffy.


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#13 von Solanum , 28.02.2015 02:42

Ich mache mal weiter mit Änderungen in der Taxonomie der afrikanischen Monopods, dabei richte ich mich nach den Angaben in "Genera Orchidacearum" Band 6.

Früher wurden die afrikanischen Monopods in die zwei Subtriben Angraecinae und Aerangidinae eingeteilt. Dies hat keinen Bestand mehr, weil die beiden Gruppen keine klar trennbaren Kladen bilden. Deshalb gibt es jetzt nur noch die Subtribus Angraecinae.

Solenangis aphylla und S. cornuta, die beiden einzigen Blattlosen in der Gattung, wurden zu Microcoelia gestellt, ebenso die Gattung Encheiridion.

Microterangis (von den Komoren und Nordmadagaskar) wurde von Senghas aus Chamaeangis (Kontinentalafrika) ausgegliedert, und tatsächlich wird diese Abtrennung von den phylogenetischen Studien unterstützt, denn die Arten gehören in Wirklichkeit zu Aerangis; die Blütenform hat sich wohl nur wegen ähnlicher Bestäuber der von Chamaeangis angenähert. Sie sind laut Carlsward et al, 2006, mit Aerangis punctata (Madagaskar) am nächsten verwandt.

Chamaeangis wurde der Gattung Diaphananthe einverleibt, aus letzterer sind einige Arten zu Rhipidoglossum überführt worden, zB Rhipidoglossum laxiflorum und longicalcar (Quelle: Artikel von Isobyl la Croix und Kew). Damit gibt es die Gattung Chamaeangis nicht mehr. Diaphananthe und Rhipidoglossum nach der neuen Definition unterscheiden sich im Viscidium und im Rostellum. Die Grenzen zwischen Rhipidoglossum und Cribbia sind noch unklar.

Angraecum ist laut der aktuellen Daten polyphyletisch, wobei weitere Gattungen wie Sobennikoffia und Oeoniella in Angraecum eingebettet sind. Es scheint daraus noch keine taxonomischen Konsequenzen gegeben zu haben, denn zumindest die beiden Gattungen werden immer noch von Kew anerkannt. Vermutlich ist Angraecum eine zu große Gruppe, um da mal eben Ordnung zu schaffen und evtl neue Gattungsgrenzen zu ziehen. Bei molekulargenetischen Studien wird ja immer nur ein (vermeintlich) repräsentativer Teil der Arten untersucht. Vermutlich muß man viel mehr Arten untersuchen, um zu einem abschließenden Urteil zu kommen. (mehr zu Angraecum am Schluß )

Rangaeris hat sich nicht stark verändert, nur eine Art wurde zu Podangis überführt, nämlich P. rhipsalisocia. Allerdings ist die Gattung revisionsbedürftig.

Jumellea, Eurychone, Mystacidium, Aeranthes sind monophyletisch und damit bleibt alles, wie es ist.

Erasanthe wird als monotypische Gattung bestätigt, Erasanthe henrici gehört also nicht zu Aeranthes. Tatsächlich ist sie sehr entfernt mit Aeranthes verwandt und liegt näher bei Beclardia, Cryptopus und Oeonia.

Bei Angraecopsis ist die Situation unklar, die Gattung muß revidiert werden, weil sie paraphyletisch ist (enthält nicht alle Arten, die auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen). Die relative Lage von Oeonia und Cryptopus ist ebenfalls unklar.

Bisher bleiben unverändert, soweit ich das erkennen kann, Cyrtorchis, Listrostachys, Tridactyle und Ypsilopus. Hier bin ich allerdings nicht sicher, ob das nicht nur an nicht ausreichenden Daten liegt. Bei Ypsilopus gibt es zB Vermutungen, daß es zu Tridactyle gestellt werden sollte.


Hier sind noch einige phylogenetische Details zu Angraecum, die hauptsächlich auf den Artikel von Micheneau et al, 2008, zurückgehen:
Wie erwähnt ist die Gattung polyphyletisch, dh es gibt keinen gemeinsamen Vorfahren für alle Angraecum-Arten ohne zusätzliche Arten. Ein Zweig im phylogenetischen Stammbaum enthält A. eburneum (die Typusart) und Dutzende weiterer Arten, aber auch die Gattung Bonniera. Die Autoren von Genera Orchidacearum vermuten, daß Bonniera semipelorische Blüten hat. Ein weiterer Zweig enthält hauptsächlich die amerikanischen Gattungen Campylocentrum und Dendrophylax, daneben aber auch eine Handvoll Angraecum-Arten wie zB A. infundibulare. Noch eine kleine Gruppe Angraecum-Arten ist in der Umgebung von Aerangis, Microcoelia etc. angesiedelt.
Der Hauptzweig von Angraecum gibt Aufschluß darüber, ob die Sektionen haltbar sind: Die Sektionen Filangis, Hadrangis, Humblotiangraecum, Lemurangis, Lepervenchea und Pseudojumellea werden als monophyletisch unterstützt. Die Sektionen Gomphocentrum und Perrierangraecum können evtl. mit kleinen Modifikationen gerettet werden. Dagegen taugen offenbar die übrigen Sektionen nicht, sie sind polyphyletisch.
Es ist also klar, daß Angraecum stark überarbeitet werden muß, wenn mehr Daten vorliegen.

Papers:
Carlsward et al (2006). Molecular phylogenetics of Vandeae (Orchidaceae) and evolution of leaflessness. American Journal of Botany 93
Micheneau et al (2008). Phylogenetics and biogeography of Mascarene angraecoid orchids. Molecular Phylogenetics and Evolution 46


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#14 von Solanum , 28.02.2015 20:18

Nachtrag: Das ältere der beiden Papers kann man übrigens hier lesen: http://www.amjbot.org/content/93/5/770.full.pdf+html
Die Autoren finden übrigens auch, daß die Gattungen, die hauptsächlich auf Madagaskar und den anderen Inseln im Indischen Ozean vorkommen, einen eigenen Zweig bilden, der von den Angraecoiden von Kontinentalafrika und Amerika getrennt ist. Schon länger bekannt war, daß sich die Trennung der Inselgattungen und -arten von den kontinentalen in der Chromosomenzahl äußert, dabei gibt es sogar Beispiele für unterschiedliche Chromosomenzahlen innerhalb derselben Gattung. Die Variabilität der Chromosomenzahlen bei den Angraecoiden ist recht hoch, aber typischerweise haben kontinentalafrikanische Arten n=25, während die madagassischen n=19 haben. (Die asiatische monopodiale Subtribus Aeridinae hat eine recht homogene Chromosomenzahl von n=19.)

Ich habe gerade gesehen, daß es ein relativ neues Paper von Szlachetko et al (2013) zu dem Thema gibt, es ist auch frei zugänglich:
http://www.degruyter.com/view/j/biorc.20...c-2013-0004.xml
Da Szlachetko und Kollegen extrem zum Splitten von Gattungen neigen und dabei auch oft phylogenetisch falsche Vorschläge rumkamen, werden die wenigsten (oder keine?) der vorgeschlagenen Änderungen allgemein akzeptiert. Ich weiß nicht, wie es mit den Folgerungen aus diesem Artikel steht, aber ich finde ihn interessant genug, um ihn hier zusammenzufassen.
Die Autoren untersuchen ebenfalls die Verwandtschaftsverhältnisse der Angraecoiden und bestätigen einige Erkenntnisse der anderen beiden Studien. Laut ihren Ergebnissen teilen sich die Angraecinae in 2 Hauptkladen: Die eine Klade enthält praktisch nur madagassische etc Arten plus 3 Angraecum-Arten aus Kontinentalafrika (eburneum, dives und conchiferum). Die andere Klade enthält (nach genetischer Entfernung zur 1. Klade geordnet) eine Gruppe madagassischer Gattungen (Oeonia, Neobathiea, Cryptopus, Erasanthe) plus die einzige Angraecum-Art, die auf Sri Lanka vorkommt (A. zeylanicum); die amerikanischen Angraecoiden und ein Schwung kontinentaler Angraecum-Arten; und schließlich die übrigen kontinentalafrikanischen Arten und Gattungen. (Die Details sind nicht identisch mit den anderen beiden Studien.)
Soweit die Ergebnisse, ich habe mich nicht tiefgehend genug damit befaßt, um etwas über die Qualität relativ zu den anderen beiden Papers sagen zu können. Die Schlüsse der Autoren scheinen mir leider nicht tragbar. Sie schlagen diverse neue Gattungen für die einzelnen Angraecum-Splittergruppen vor, legen dabei aber nicht Monophylie der neuen Gattungen zugrunde. Sie schlagen die Gattung Arachnangraecum vor, lassen aber die Gattung Bonniera bestehen, obwohl diese ein Zweig innerhalb von Arachnangraecum ist. Einige einzelne Arten, die irgendwo dazwischenstehen, ordnen sie gar nicht ein. Das Thema ist also wohl noch nicht abschließend behandelt. Kew hat die Vorschläge bisher zumindest nicht akzeptiert, was vermutlich auch an deren Tendenz zum Lumping liegt.


Schöne Grüße,
Heike


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RE: Änderungen in der Taxonomie der Orchideen

#15 von sebbas2012 , 03.11.2016 10:34

Hallo Heike, danke für deine tolle Arbeit das alles so strukturiert zu erörten. Ist dir bekannt ob es irgendwo einen Phylogenetischen Baum dieser Gattungen als Grafik gibt? Bei google werde ich nicht fündig. Nur aus Interesse


schöne Grüße
Sebastian


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